Freitag, 7. Mai 2010

slow gardening

Diesen Eintrag möchte ich einem Thema widmen, dass mir besonders am Herzen liegt. Dem "slow gardening". Es ist ein Ableger des "slow movements", dass durch die "slow food" Bewegung aus Italien seine Anfänge fand. Zentral ist dabei, der oftmals sinnlosen Diktatur von Stress und Hektik etwas entgegenzusetzen oder sie zu hinterfragen.


Der Gedanke, gerade das Gärtnern der Hektik zu entziehen, finde ich großartig. Überall häufen sich in den letzten Jahren die Gartenbücher "für Ungeduldige". Ständig werden Bücher oder Gartenprodukte damit beworben, dass der Garten durch sie schnell grün wird, der Baum schnell groß, das Gemüse schnell dick oder reif und die Blume blüht schnell. Das Unkraut ist schnell ausgerottet und die Pflanze schnell eingetopft.

Moment mal!
Ich gärtnere, weil es mich froh macht - ich will gar nicht, dass alles "schnell erledigt" ist. Der Salat muss nicht in drei Wochen erntereif sein, die Stauden nicht innerhalb eines Jahres riesengroß und blütenschwer sein. Das Unkraut zwischen den Platten auf der Terasse muss nicht schnell enfernt sein - ich will, im Gegenteil, ganz viel Zeit im Garten sein und ganz lang zuschauen, wie alles wächst.

Ich glaube es gibt eine Weisheit im Zen, die besagt, dass das Gras nicht schneller wächst, wenn man daran zieht. Genauso ist es. Der Garten braucht einfach seine Zeit zum Wachsen und Werden, und ich brauche meine Zeit im Garten. Es geht um Zeit, vorhandene Zeit, nicht um einen Zeitraffer. Kein Mensch möchte permanent nur im Liegestuhl hängen und den Garten anschauen. Die Arbeit muss nicht schnell getan sein. Gartenarbeit ist keine Arbeit, deshalb sage ich auch lieber "gärtnern."


Mein Garten, das Grün in der Stadt und das Gärtnern an sich, gibt es nicht in einer "perfekten", "vollendeten" Version und in einer "ungenügenden" Version. Was wächst, wächst in eben der Zeit, die es braucht. Und ich erfreue mich daran. Ich helfe hier und da nach, kultiviere eben, was die Natur anbietet.
Und es ist toll. Ich liebe es Giersch aus dem Gemüsebeet zu graben, die Beete zu mulchen, verblüte Tulpen abzuschneiden. Ich liebe es so, dass es ganz, ganz lang dauern darf. Ich mache es nicht, weil ich die Illusion habe, dass dieser merkwürdige Biostadtgarten je aussehen wird, wie aus einem Hochglanzmagazin. Sondern weil es so glücklich macht. Und zwar jeder einzelne Spatenstich.

6 Kommentare:

  1. Genau so sehe ich das auch. Das Schöne am Garten kann auch nur so wahrgenommen werden. Hektik bringt da gar nichts. Ganz im Gegenteil. Ein guter Eintrag, der bewusst macht, dass Gärtnern keine Arbeit, sondern Ausgleich ist.

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  2. Bravo! Das war ein ganz guter Beitrag! Zwar pflege ich all das, das du so schön beschrieben hast, grundsätzlich "slow". Das ist mir wichtig. Das bewusste Aufnehmen all dieser schönen Arbeiten, ich habe es gerade bei Akeleia geschrieben, dem Farn beim Aufspringen zusehen etc., das ist mir wichtig. Und nicht, das ich sämtliche botanische Namen unbedingt auswendig aufsagen kann und zuordnen.

    Ich liebe es übrigens, das sogen. Unkraut einzeln vorsichtig auszuzupfen, zu harken, die Steine aufzusammeln.

    Einfach die Dinge tun, die getan werden müssen, aber alles "bewusst".

    Dir wünsche ich ein schönes Wochenende, das du hoffentlich im Garten erleben kannst, Brigitte

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  3. Sehr guter Beitrag! Den sollten viele lesen - die es nötig haben. Ich gärtnere, um mich zu entspannen, und ich sehe den Pflanzen beim Wachsen zu und ziehe nicht an ihnen. Dieser Tage sprach ich mit einer Gärtnerin die meinte: Heute muss alles perfekt sein, der Rittersporn muss im Mai schon blühen, nur noch Großpflanzen werden verkauft und diese ausgetauscht, wenn sie abgeblüht sind. Da wurde mir schlecht. So ist das heute, bei vielen. Das kann nicht der Sinn des Gärtnerns sein. Auch nicht, dass ich den besten Garten von allen habe, damit ich wer bin. Ich bin ohnehin ich - und sonst nichts.

    Sigrun

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  4. Genau!
    Leider macht mir das 'Slow' in den Beeten nicht mehr so viel Freude wie früher, da ich nur noch gut verhüllt und nicht mehr spontan die Beete betreten sollte. Die Zecken verleiden genau diese Freude am Gärtnern.

    Aber damals, als wir unseren Garten anlegten, war das oberste Ziel keinen Terror-Garten zu haben. Wir wollten im Garten arbeiten, wenn es Spass macht und Zeit dazu ist. Und wenn es mal nicht passt, dann sollte der Garten auch möglichst ohne uns klarkommen. Im Großen und Ganzen geht das zum Glück immer noch gut.
    Nur wächst uns das Grün nun bald über den Kopf, da wir seit 3 Jahren auch viel zu gern 'Slow-Blogging' betreiben ...
    LG Silke

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  5. Was für ein schöner und richtiger Beitrag! Gerade in einer Zeit, wo Hektik und Ungeduld herrschen. Es ist doch wunderbar, Zeit zu haben (ich bin eine der wenigen, die Zeit haben) und sich Zeit zu lassen. Genau die der Natur.
    Ich jogge seit 12 Jahren und genieße es jedes Jahr, der Natur beim Wachsen und Entwickeln zuzuschauen.
    Karin Greiner hat mir neulich erzählt, wie ich kleine Eichel-Sprossen behandeln muss. Ich habe nämlich beim Joggen welche entdeckt und eingesteckt. Nun liegen sie auf feuchtem Moos und wachsen SEHR SEHR SEHR langsam. Ich schaue jeden Tag nach und lasse den Winzlingen die Zeit, die sie brauchen.
    Buchen und Ahörner wachsen tausend Mal schneller als die Eichen, aber das wird schon seinen Grund haben. Dafür haut so eine Eiche dann auch nichts um ... später, wenn sie mal groß sind.
    Dabei fällt mir einer meiner Lieblungssprüche ein: "Was juckt es die große Eiche, wenn sich ein kleines Schwein daran reibt." :-)
    Liebe Grüße - Renate

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  6. Wie spricht mir das aus der Seele. Die Menschen sollten viel öfter einen Blick auf die Natur werfen, bevor sie manche Dinge tun!
    Nicht umsonst heißt es doch "Gut Ding will Weile haben".
    Angela

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