Dienstag, 1. März 2011

Vom Gärtnern und (un)geduldigen Mädchen


Ich dachte immer, ich wäre ein schrecklich ungeduldiges Mädchen. Wenn mein Saatgut nach drei Tagen noch nicht keimt, grabe ich in der Erde herum um zu schauen, ob sich unter der Erde wenigstens schon etwas tut. Das habe ich noch keinem erzählt, aber ja, das tu' ich. Ich werde verrückt an Bushaltestellen, in Warteschlangen jeder Art und nehme immer schon den ersten Schluck Tee, bevor er fertig ist.

Leider besteht ein Großteil des Gärtnerns aus Warten. Zur Zeit - nur als Beispiel - warte ich darauf, dass es wärmer wird, ich den Spinat säen und die dicken Bohnen auspflanzen kann. Ich warte darauf, dass ich mich aufraffe und mir ein Frühbeet baue, ich warte auf die Krokosblüte und die Lieferung der bestellten Stauden. Ich warte darauf, dass der unglückliche Rasen wieder grün wird und ob die Tulpen im zweiten Jahr erneut blühen werden. Ich warte auf den Zeittpunkt, andem ich mit der Anzucht in der Wohnung voll loslegen kann und voll Neugier und Sehnsucht auf die Blüte der Kupferfelsenbirne (das wird die erste Blüte!). Und das sind nur Beispiele. Gärtnern ist eine einzige Geduldsprobe und Warterei.

Mit soviel Geduld sind wir Gärtner echte Freaks. Hier, in der Stadt, haben es alle eilig, da nehme ich mich nicht aus. Stress ist ein Statussymbol geworden. Wer Stress hat, hat viel zu tun, wer viel zu tun hat, wird gebraucht und ist wichtig. Deshalb haben wir es eilig. Wir haben es so eilig, dass wir unseren Latte Machiato auf der Straße in ekligen Pappbechern trinken, während wir ungeduldig auf den Bus warten, schnell einkaufen müssen, schnell nachhause müssen, schnell dies und das machen müssen.

Vor einer Woche hatte ich die Ehre, ein Interview für das großartige Projekt girls can blog! zu geben. Und da, plötzlich, stand es schwarz auf weiß: das Gärtnern hat einen neuen Menschen aus mir gemacht. Ich bin das vielleicht geduldigste Mädchen, dass die Bloggerin Annina je getroffen hat. Wow!

Also mach' ich mir nichts mehr draus, wenn ich morgen wieder in den Anzuchttöpfen auf der Fensterbank wühle. Ich weiß jetzt, ich kann manchmal auch anders. Zumindest, wenn es nicht um die zögerliche Keimung von Salat geht. Und um die Krokusblüte. Und das Warten auf den Frühling. Und den perfekten Mann. Und überhaupt. Ja, von all dem abgesehen, kann ich schon warten. Klaro.

11 Kommentare:

  1. Super, das Interview! Hat Spaß gemacht, das zu lesen.
    VG
    Elke

    AntwortenLöschen
  2. ich weiß GENAU, wovon du sprichst!!!!
    ... und wenns dann soweit ist, denkt man, es ist eh schnell gegangen...

    lG
    Elisabeth

    AntwortenLöschen
  3. Interview und dein text, beides mal wieder sehr gut. Danke LG Sibylle

    AntwortenLöschen
  4. Naja, das ist doch normal, dass frau in der Erde wühlt, um mal nach den potentiellen Keimlingen zu sehen;-)
    Aber im Ernst: Mich hat das Gärtnern Geduld gelehrt.
    Zwar ist meine Ungeduld in vielen Dingen und manchmal einfach wieder überwältigend - wie derzeit: Der Boden noch gefroren, alles, was schon geschnitten werden darf bei tiefen Temperaturen, ist schon geschnitten: Wann geht's endlich richtig los? Ich zapple. Innerlich.
    Aber ich habe dazu gelernt. Gegen "früher" bin ich heute ein sehr geduldiger Mensch.
    Liebe Grüße, Margit

    AntwortenLöschen
  5. danke für diesen wunderschönen post! ich warte auch schon sehnsüchtig auf den kommenden frühling / sommer und die zeit die wir wieder gemeinsam im garten verbringen werden.
    gruß dein moustachio

    AntwortenLöschen
  6. Von Natur aus bin ich die ungeduldigste Person der Welt, und bekenne mich als Keimlingswühler. Aber irgendwann habe ich verstanden, dass das nichts bringt. Nun warte ich.

    Ich habe jetzt ja auch alle Zeit und musste feststellen, dass unbewühlte Sämlinge besser gedeihen.

    LG, Brigitte

    AntwortenLöschen
  7. Ich bin auch schon ganz zapplig und warte auf den Frühling. Wenn er dann endlich da ist, möchte ich die Zeit anhalten. Erst will sie nicht vergehen und dann läuft sie mir davon. In jedem Jahr, immer wieder. C'est la vie.

    AntwortenLöschen
  8. hi mara,
    stimmt, guter text und nettes interview. hatte bisher aber angenommen, du wärst schon älter. ich treffe so selten junge hobbygärtner, da ging ich bisher (fälschlicherweise?) davon aus, alle anderen müssen älter sein :-)
    ich war früher auch entsetzlich ungeduldig und erwische mich auch heute als noch dabei - v.a. beim autofahren. oder menschen die rumlabern und nicht auf den punkt kommen. aber im garten? nö, da bin ich total relaxed :-)
    ungeduld ist übrigens ein doofes wort. ich glaube du bist einach nur voller vorfreude ;-)
    grüße
    daniel

    AntwortenLöschen
  9. In meinen ersten Gartenjahren war ich eine wahre Meisterin darin, im Vorfrühling "Pflanzen aus dem Boden zu gucken" (so haben es meine Nachbarn formuliert), ja, und in Anzuchttöpfen habe ich auch schon gewühlt...;-) Mittlerweile bin ich viiiel gelassener, vielleicht deshalb, weil sich im Garten jedes Jahr mehr oder weniger alles wiederholt. Auf jeden Fall hat mich der Garten sehr viel Geduld gelehrt.

    Liebe Grüße von Bärbel

    AntwortenLöschen
  10. http://www.youtube.com/watch?v=GKP0F1x3Dvs
    aber die Natur lehrt einen jeden Geduld, wenn man es zuläßt :-)

    AntwortenLöschen

Follower